Gute Objektive gab es schon vor der Entwicklung des digitalen Bildsensors. Heutzutage hat die Digitalkamera die Analogsysteme weitgehend verdrängt – doch es gibt sie noch! Bei Liebhabern in den Vitrinen – bei vielen Familien auf dem Dachboden in Opas alter Fototasche. Diese Objektive harrten Jahrzehnte ihrer Wiederentdeckung und strömen nun sukzessive über diverse Kanäle auf den digitalen Markt. Über Adapter sind diese Linsen auch an digitalen Systemen verwendbar – also alles eitel Sonnenschein? Leider nicht – es gibt eine schleierhafte Bedrohung, die uns den Genuss und die problemlose Verwendung gebrauchter Objektive jäh zerstört.

Definition

Diese Bedrohung ist der sogenannte „Glaspilz“ – allerdings ist diese Bezeichnung irreführend, da es sich bei „Glaspilz“ nicht um eine bestimmte Art von Pilz handelt, sondern sich verschiedene Pilzarten in Objektiven ausbreiten können (Schlauchpilze, Eipilze, Hefen, etc.). Diese Information ist letztlich auch nicht so sehr von Wichtigkeit. Der Effekt, den der Pilzbefall auf die optischen Eigenschaften des Objektivs hat, spielt eine viel größere Rolle. Der Pilz lässt sich nämlich auf der Oberfläche der Linsen nieder, breitet sich meist vom Rand zur Mitte hin aus – dabei wird das Objektiv dann milchig / unscharf.

Prüfung

Wie kann man nun prüfen ob ein Anflug von Glaspilz vorhanden ist? Meiner Erfahrung nach sollte man dazu gegen das Licht durch das Objektiv blicken (gegebenenfalls als Lichtquelle eine Taschenlampe vor das Objektiv legen und schräg einstrahlen lassen). Nun das Objektiv um seine Längsachse drehen und die Ränder aller im Objektiv befindlichen Linsen (nicht immer sitzt der „Schlonz“ auf den Front- oder Rücklinsen) nach Rückständen absuchen. Dabei auch den Fokusring drehen, da die gute Erkennbarkeit manchmal auch von der Lage der Linsen im Innern abhängt. Handelt es sich um ein Zoom-Objektiv, so muss man natürlich auch in den unterschiedlichen Zoom-Stufen hindurchschauen. Bei Manuellen Objektiven ohne Springblende sollte man vorher noch auf Offenblende stellen. Es ist für Menschen die noch nie Glaspilz gesehen haben immer schwierig zu beurteilen ob nun tatsächlich welcher vorliegt. Hat man aber das erste mal welchen entdeckt, ist die Sache fortan klar.

Hier ein paar Beispielbilder:

Häufigkeit

Ich habe bisher bei ebay 5 gebrauchte Objektive erstanden – 4 davon haben Pilzbefall. Man kann jetzt natürlich sagen, dass ich einfach Pech hatte – doch ich sage: Glaspilz kommt offensichtlich häufiger vor als man gemeinhin annimmt. Häufig liest man von „feinen Partikeln im Objektiv-Innern“ oder „leicht milchige Linsen“. Diese feinen Partikel sind häufig Pilz-Myzelien – es handelt sich hier dann also nicht um ein paar Staubkörnchen, die da friedlich im Objektiv wohnen, sondern das Objektiv ist vom Pilz befallen, der nur eine Absicht hat: Sich gnadenlos auszubreiten, bis das gesamte Innere des Objektivs zugewuchert ist.

Was tun?

Da die meisten Menschen nicht vom Problem „Glaspilz“ wissen, gilt es zunächst einmal Aufklärungsarbeit zu leisten, bzw. sich vom Anbieter schriftlich bestätigen zu lassen, dass das Objektiv keinen Glaspilzbefall hat, damit eine Rückabwicklung später problemlos möglich ist, bzw. gar nicht erst notwendig wird – wenn der Anbieter nicht dumm ist, wird er die Frage nicht wissentlich falsch beantworten.
Wenn man es nun also geschafft hat, ausschließlich pilz-freie Objektive sein eigen nennen zu können, sollte man sich fragen: „Wie schaffe ich es, dass es so bleibt?“. Man braucht eine…

Vermeidungsstrategie

Pilzsporen sind überall – sie befinden sich in unserer Luft und warten nur darauf sich irgendwo niederlassen zu können, wo sie es schön haben. So lässt es sich auch nicht vermeiden, dass die Sporen ihren Weg ins Objektiv finden. Es ist also keine Frage von pfleglicher Behandlung – man kann das Objektiv putzen, wienern und polieren – an das Innere kommt man ja gewöhnlich nicht heran.
Wenn man direkt nach der Verwendung das Objektiv wieder in den Köcher stopft und in die Tasche packt, entstehen gerade deswegen Pilze. Der Pilz mag es gerne feucht und dunkel. Da reicht es schon, wenn das Objektiv 8 Grad kälter als die Raumtemperatur ist – dann lagert sich Tauwasser eventuell auch auf den Innenseiten der Linsen ab und der Pilz beginnt sich an den in Objektiv unweigerlich vorhandenen  Staubpartikeln (von denen er sich ernährt) zu bilden. Er wächst meist vom Rand in die Linsenmitte. Das A und O ist also eine trockene Lagerung der Objektive und Vermeidung von Taubildung durch plätzliche Temperaturschwankungen.

Was also tun, wenn ich im Winter bei Temperaturen um den Gefrierpunkt Bilder gemacht habe und ins heimelige Heim zurückkehre? Wenn ich die Kamera im Wohnzimmer aus der Tasche hole, bildet sich auf den kalten Oberflächen sofort eine Tau-Schicht. Der einzig praktikable Weg den ich kenne ist: Die Kamera und Objektive noch draußen in eine wasserdichte Folie einpacken – hier bieten sich sogenannte Zip-Loc-Gefrierbeutel an, da diese sich mit einem Verschluss luftdicht verschließen lassen – und die Ausrüstung dann in der Wohnung in der Tüte ein paar Stunden lang „auftauen“ lassen.

In meinem Kameraschrank habe ich übrigens mehrere Päckchen Silikat-Granulat und ein Hygrometer zur Überwachung der Luftfeuchtigkeit im Schrank. Das Hygrometer hilft mir dabei zu erkennen, wann die Granulatpäckchen wieder im Ofen regeneriert werden müssen. Eine elektrische Luft-Entfeuchtung gestaltet sich leider sehr kompliziert, da es nur sehr wenige, kompakte Entfeuchter mit Peltier-Elementen gibt.

Im Bereich Glaspilz bedarf es noch einiger Aufklärung – hier wird durch Unwissenheit viel Schrott verkauft.