Aus gegebenem Anlass muss ich mich mal wieder mit der Arbeitswelt beschäftigen und meine (vermeintlich) undifferenzierten Gedanken dazu ins Internet erbrechen.

In diesem Fall geht es um Arbeitszeitmodelle – ich habe da nun die gängigen Modelle durch, sodass ich meine mir eine Meinung bilden zu dürfen. 

zunächst einmal die Varianten:

Feste Arbeitszeiten

Mo.-Fr.08:00-12:30 und 13:00-16:30 – da weiß man woran man ist! Und wenn man mal um 08:03 im Büro aufschlägt, darf man sich direkt vom feindlichen Teamleiter erklären lassen, dass man jetzt einen Kuchen mitzubringen hätte, weil zu spät kommen ja mal garnicht ginge… Schönes Ding! Muss ich nicht wieder haben! Vorteil hingegen ist, dass alle Kollegen gleichermaßen gearscht sind, und somit zumindest bezüglich des Arbeitszeit-Modells Solidarität herrscht!

Vertrauens-Gleitzeit

Das ist unter Umständen noch schlimmer als feste Arbeitszeiten… denn man hat zwar nominell die Möglichkeit und das Recht mal früher zu gehen (wenn es unbedingt sein muss), muss sich dabei aber von den lieben Mitinsassen bewachen lassen, welche sich den Kopf darüber zerbrechen, ob man nicht vielleicht (vor allem im direkten Vergleich zu ihnen) zu wenig arbeitet für das Geld, das man bekommt. In meiner Wahrnehmung bedeutet Vertrauens-Gleitzeit, dass der Arbeitgeber darauf vertraut, dass man auf jeden Fall mehr arbeitet als bezahlt wird! Super-Konzept – und all das unter dem Deckmantel des Vertrauens – ohne mich!

Gleitzeit

Das ist eine der besten Errungenschaften unserer Zeit. Derjenige der viel und lange arbeitet, kann auch viel und lange früher gehen, wenn’s passt! Größtmögliche Flexibilität bei kleinstmöglichem kollegialem Misstrauen. Durch die Zeiterfassung kann jeder darauf vertrauen, dass niemand mehr Gleitzeit nimmt als er Guthaben hat (oder er macht eben Schulden). Arzt-Termin? Kein Problem! Bock Nachmittags mal 90 Min. spazieren zu gehen? Kein Thema! Du kriegst morgens den Arsch nicht aus dem Bett? Bleib einfach noch ne Stunde liegen! Hier kommt’s nicht drauf an wann und wie lange Du im Büro bist, sondern darauf, dass Du Deinen Scheiß geregelt kriegst! BÄMM! Super-Geil! Auch die lieben Kollegen bewachen sich nicht mehr gegenseitig, da ja nun jeder sein Konto hat – und wenn Kollege ABC früher geht, wird er das schon irgendwie mit seinem Guthaben vereinbaren können – Gleitzeit ist also auch noch gut fürs Betriebs-Klima.

Zusammenfassung

Eigentlich ist es offensichtlich welches Modell hier überlegen ist: Gleitzeit erlaubt dem Mitarbeiter eine Vereinbarung seiner persönlichen Bedürfnisse mit den Erfordernissen eines erfolgreichen Berufslebens. Und trotzdem gibt es auch heute noch Arbeitgeber, die das noch nicht einsehen wollen, und einem mit einem Konzept wie Vertrauens-Arbeitszeit kommen. Die meinen das ernst! Und die denken tatsächlich, dass das was Gutes wäre… Denkt doch mal nach Freunde! 

In keinem anderen Bereich ist es unüblich die Leistungen, welche für einen gewissen Betrag erbracht werden, abzugrenzen – einzig im Angestelltenverhältnis soll der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber etwas schenken, wenn letzterer es für nötig befindet? Klar kann es mal Zeiten des erhöhten Arbeitsaufwands geben, dann kloppt man eben Überstunden und häuft Guthaben an… aber dann muss und sollte es doch auch Zeiten geben in denen wieder ein Ausgleich stattfinden kann. 40h/Woche im Schnitt müssen doch reichen um einen Job zu erledigen – ist das nicht der Fall, liegt eine Überlastung vor und der Arbeitnehmer arbeitet für mehr als einen (oder hat einfach nicht die Effizienz, die benötigt wird).

Wer in diesen Zeiten sogenannte „High-Potentials“ gewinnen will (und keine Firma kann es sich heutzutage noch leisten, sich ausschließlich am leistungsmäßigen Bodensatz der verfügbaren Arbeitskräfte zu fischen), sollte sich sehr gut überlegen, welche Anreize er setzen kann um diese High-Potentials davon zu überzeugen, dass es das beste wäre die eigene Arbeitskraft genau dieser Firma zur Verfügung zu stellen. Ein attraktives Arbeitszeitmodell, dass einem die für eine Work-Life-Balance nötige Flexibilität gibt ist da eigentlich nur eine der vielen Grundvoraussetzungen. Gleitzeit ist also im wahrsten Sinne das Gleitmittel, damit es zwischen Arbeitnehmer, Kollegen und Arbeitgeber flutscht.

Vorbei sind die Zeiten in denen der Angestellte dankbar sein musste diese einmalige Chance zu bekommen bei der XY-AG eine Stelle antreten zu dürfen. Es ist Zeit Bewerbern auf Augenhöhe zu begegnen – ein partnerschaftliches Verhältnis anzustreben. Das Unternehmen braucht den Angestellten mindestens genauso sehr wie umgekehrt. An dieser Stelle viele Grüße an die Personal-Abteilungen dieser Welt!