Eigentlich war das alles hier ein Zufall… wir wollten eine kleine Deutschland- Tour machen, meinen Vater in Leipzig besuchen und von da aus weiter nach Berlin. Eine Kollegin meiner Freundin erzählte selbiger von den Heilstätten in Beelitz, einem gruseligen Ort mit verlassenem Krankenhaus, Chirurgie, etc. 

In der Fotografie wird ein solcher Ort gemeinhin als „Lost Place“ bezeichnet. Gewöhnlich ist ein Lost-Place ein abgelegener Ort zu dem man sich nicht ganz legal Zutritt verschafft, und macht unter Einsatz seines Lebens (denn zum Teil sind diese Gebäude hochgrading einsturzgefährdet) Bilder von verstaubtem Inventar und heruntergekommenen Räumen.

Die Heilstätten in Beelitz südlich von Berlin waren auch einmal ein solcher Ort – seit der Wende war das Gelände von der sowietischen Armee verlassen. Mittlerweile ist das Areal in Privatbesitz und es gibt groooße Pläne. In der Zwischenzeit gibt es einen Baumkronenpfad und geführte Beschtigungen ausgewählter Gebäude um mit der Investition schon mal den ein oder anderen Euro zu machen. Das gibt dem geneigten Fotografen Gelegenheit einen solchen „Lost-Place“ ganz legal und sicher (die beschrittenen Bereiche sind baustatisch geprüft und freigegeben) zu betreten.

Ich war also schon ganz fipselig bei dem Gedanken an diese Gelegenheit. Ich googlete den Ort und die Bilder die sich mir darboten, ließen mein Herz höher schlagen. Folgend möchte ich meinen Eindruck schildern und ein paar Bilder zeigen, die ich in insgesamt 4 verschiedenen Gebäuden (Das Alpenhaus, die Waschküche, die Kochküche und die Chirurgie) gemacht habe.

Zunächst einmal mein Lob an dieser Stelle an die „Führer“ der Begehungen – sie wissen viel zu berichten und versuchen die Veranstaltung so dynamsich und unterhaltsam wie möglich zu machen. Wir haben die „Normalen“ Führungen gebucht – es gibt auch noch spezielle Touren für Fotografen, aber zum Einen sind diese einiges teurer und zum Anderen sehr viel länger (und so viel Geduld mag meine Nicht-Fotografin sicher nicht aufbringen). Die Führungen für das gemeine Fussvolk werden mit etwa 30 Besuchern durchgeführt. Das ist nicht wenig – will man einigermaßen schöne Fotos (ohne Mitstreiter auf selbigen) machen, sollte man zusehen, dass man entweder ganz am Anfang, oder am Ende der Gruppe geht. 
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Außerdem sollte man sein Equipment sehr gut kennen, damit man nicht lange rumfummeln muss um die richtigen Einstellungen zu treffen. Bisweilen gibt es nur einen Moment in dem niemand durchs Bild geht oder im Weg steht – da sollte man zu diesem Moment besser bereit sein! Alle Fotos die hier zu sehen sind, sind übrigens mit der Olympus PEN-F und dem Olympus 9-18mm Ultraweitwinkel-Zoomobjektiv entstanden.
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Diesen Treppen könnte man übrigens aus dem Film „Men & Chicken“ kennen – ein echt durchgeknallter Streifen! Auch einige Szenen von „A Cure for Wellness“ wurden wohl in Beelitz gedreht. Neben dem Tourismus macht man also auch noch ein paar Taler mit Vermietung an Filmcrews. Außerdem hörte ich davon dass Menschen aus dem Bekanntenkreis meines Freundeskreises (oder so) dort schon Mode-Shootings hatten.
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Allerdings finde ich, dass das Internet hier falsche Erwartungen schürt – wenn man den Bildern in den Ergebnissen von Google-Suchen oder aus den Filmen Glauben schenkt, erwartet man die Ruinen in etwas anderem Zustand.
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Man stiefelt über dezimeterhohern Schutt, es fehlt fast überall an dem Interieur, Schmierfinken haben sich allenorts verewigt.
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Einzig die Decken (z.B. in den Bädern des Alpenhauses) waren für die Vandalen unerreichbar – und auch der Fliesenkleber scheint hier nicht von schlechten Eltern, ist doch in anderen Räumen nicht einmal mehr der Putz an der Decke!
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In der alten Kochküche gibt es immerhin noch etwas Interieur – Alte Kühlschränke und Öfen.
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In der alten Waschküche wurde irgendwann ein Hörsaal eingerichtet.
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Man muss anerkennen, dass die Architektur in Beelitz wirklich sehr ansehnlich ist – das war ja auch Teil des Konzepts zur Genesung Tuberkulose-Kranker.
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Und wenn es schon kein wunderschönes verstaubtes Interieur gibt, so muss man sich eben auf bauliche Strukturen und Muster konzentrieren.
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…oder mit der Symmetrie spielen.

Nach allem was ich nun erwartet, gesehen und erfahren habe, kann ich folgendes Resümee ziehen:
Beelitz ist eine sehr niedig hängende Frucht am Lost-Places-Baum und man kann sich für ein paar Euro legitimierten Zutritt zu wirklich schönen Ruinen verschaffen. Der Charme eines „geheimen“ Lost-Place geht einem hier jedoch ab – Schutt und pure Zertörungswut / Vandalismus regieren hier das Bild des Geschehens. Das ist sehr schade – spiegelt einem doch das Internet Räume mit OP-Stühlen, etc. vor… 
Eventuell wird dem gemeinen Publikum der Zutritt zu ebendiesen Räumen verwährt und ist besser betuchtem Klientel vorbehalten? Die im Vorfeld erworbende Erwartungshaltung hat mir jedenfall den Auffenthalt in diesen Beeindruckenden Einrichtungen ein wenig kaputt gemacht – überwog doch der Ärger nicht gesehen zu haben was ich mir erhoffte! Unter all dem Schutt und den Grafittis kann man jedoch die Geschichte der Einrichtung erahnen, mit etwas Phantasie die Tuberkulosekranken über die Flure schlurfen sehen. Es ist und bleibt ein mystischer Ort mit einer ganz eigenen Geschichte (Von Hitler und seinem Hoden will ich hier garnicht anfangen…).
Wer nochmal die Möglichkeit hat sich das Ganze anzusehen, sollte dies tun, bevor die Gebäude abgerissen/saniert und dem „öffentlichen“ Zugang entzogen werden.