Ich experimentiere ja schon seit geraumer Zeit gerne mit Altglas – also Objektiven aus dem pre-digitalen Zeitalter – an der Olympus OM-D E-M5 II mit der Sensor-Stabilisierung kann man mit solchen manuellen Objektiven sehr viel Spaß haben ohne auf die Stabilisierung verzichten zu müssen. Was einem verloren geht ist die Blendenautomatik und der Autofokus. Wer mich kennt weiß ja auch, dass ich Automatismen in diesem kreativen Prozess gegenüber ohnehin nicht sonderlich zugeneigt bin. Insofern ist der Altglas-Spaß fast grenzenlos. Allerdings ergibt sich durch den kleinen Sensor der Olympus ein Effekt, dass die Bildwinkel sehr eng werden. Ein gutes, altes 50mm/1.8 hat dann den Bildwinkel eines 100mm-Objektivs an Kleinbild. Weitwinkel oder gar Ultraweitwinkel wird da mit Altglas zur Unmöglichkeit. Für einen Bildwinkel eines 50mm-Objektivs bräuchte ich ein 25mm-Altglas – die ollen Weitwinkel sind aber recht rar, entsprechend teuer und nur sehr selten lichtstark. Möglich wird diese problemlose Adaptiererei erst durch das geringere Auflagemaß der spiegellosen Kameras – der Adapter bringt dann den Abstand des Objektivs zum Sensor auf das richtige Maß, trägt dann allerdings ziemlich auf, was die Kombination an der Kamera dann nicht sonderlich kompakt erscheinen lässt. Diese 2 „Probleme“ verspricht das Zonlai Discover 25mm/1,8 zu lösen. Es ist für eine spiegelloses Auflagemaß gerechnet und wird direkt mit dem jeweiligen Objektiv-Anschluss für M4/3, Sony E-Mount oder Fujifilm verkauft.

Ich bin über das Fujiforum auf diesen Hersteller aufmerksam gemacht worden. Es gibt zwei verschiedene Brennweiten in der Discover-Linie. 25 und 35mm. Das 25mm ist an APS-C-Sensoren wohl etwas Soft in den Ecken – daher sehe ich das Ganze so: Zonlai liefert den verschiedenen Systemen (M4/3 und APS-C) jeweils eine Lösung mit  einem Bildwinkel in etwa äquivalent zu 50mm an KB. Das 35mm liefert augenscheinlich excellente Ergebnisse an APS-C, das 25mm hat hier Schwächen, die allerdings beim kleineren M4/3 nicht zutage treten (durch den kleineren Bildkreis weggecropt werden). Wer das 25mm an APS-C nutzen will, kann das tun, sollte sich jedoch dieses Effektes bewusst sein. Doch was schere ich mich um APS-C? Konzentrieren wir uns auf das was wir haben:

Die Optik kommt mit Front- und Rückdeckel. Der Karton ist okay – aber kein Meisterwerk der Verpackungskunst (aber was erwartet man für den Preis [ach ja – den Preis hab ich ja noch garnicht erwähnt – stay tuned for that!]).
Die Haptik ist allgemein gut, das Objektiv wirkt schon bei der ersten Berührung wertig, ist es doch komplett aus Metall gefertigt. Der Fokusring ist wie man es von alten, manuellen Objektiven gewohnt ist butterweich und lang-läufig, fein justierbar. Der Blendenring geht auch in Ordnung. Die Gravuren der Ringe sind allerdings nicht sonderlich präzise positioniert, was aber in der Praxis jetzt kein wirkliches Problem darstellt, solange man nicht vor hat mit Zone-Focussing zu arbeiten.

Weiter unten findet ihr ein paar Beispielbilder…

Was sind die natürlichen Konkurrenten für dieses Objektiv? Zunächst einmal die üblichen Verdächtigen von Panasonic und Olympus, dann noch den Lichtriesen von Voightländer und das Samyang, welches allerdings für Kleinbild-Sensoren gerechnet ist und damit entsprechend größer und schwerer als alle vorgenannten ist. Dann gibt es noch einige Exoten, wie ZY Optics Mikaton Speedmaster/Freewalker, Kowa Prominar und Meike, die in Deutschland noch schlechter verfügbar sind als das Zonlai (welches ich auch schon über ebay.com in HongKong bestellen musste).

Hersteller Zonlai Olympus Panasonic Panasonic Voightländer Samyang
Modell 25mm F1.8 DISCOVER M.ZUIKO DIGITAL 25mm 1:1.8 Lumix G 25mm / F1.7 ASPH. H-X025 Leica DC Summilux 25mm / F1.4 ASPH. Nocton 0,95/25mm II MFT  24mm F1.4
ED AS IF UMC
Fokus MF AF AF AF MF MF
Brennweite 25mm 25mm 25mm 25mm  25mm  24mm
Offenblende f/1,8 f/1,8 f/1,7 f/1,4 f/0,95  f/1,4
Gewicht  142g  137g 125g 200g  435g  595g
Länge x Durchmesser  33 x 60mm  42 x 57,8mm 52 x 60,8mm 54 x 63mm  70 x 60,6mm 102,8 x 83mm
Filtergröße 46mm 46mm 46mm 46mm  52mm  77mm
Naheinstellgrenze 18cm 25cm 25cm 30cm 17cm  25cm
Anzahl Blendenlamellen 12  7  7  7  10  8
Preis 120€ 350€ 180€ 480€  >1000€  640€

Das Zonlai ist das kleinste, günstigste Objektiv, hat die zweit-kürzeste Naheinstellgrenze, die meisten Blendenlamellen, allerdings auch (zusammen mit dem Oly [wobei das Panasonic auch nicht weit ist]) die kleinste Offenblende. Soweit zu den harten Fakten, soweit zum Vergleich (für einen Praxis-Vergleich fehlen mir schlappe 2,6k€).

Schauen wir doch mal was wir da haben:

Nah-Aufnahmen

Im Nahbereich weiß das Objektiv durchaus zu performen! Für Macros reicht es vom Abbildungsmaßstab nicht ganz, aber die Schärfe ist schon beträchtlich. Bei Gegenlicht und harten Kontrasten (weiße Blüten vor dunkelgrünem Grund) hatte ich bei Naheinstellgrenze Schwierigkeiten ein scharfes Bild zu bekommen.

Bokeh

Das Bokeh finde ich persönlich sehr angenehm – und es bleibt es dank der vielen  Blendenlamellen auch bei geschlossener Blende. Man darf natürlich nicht die Cremigkeit eines echten 50mm-Objektivs erwarten – von der Physik her ist und bleibt dieses Objektiv eben ein Weitwinkel-Objektiv.

Landschaft

Bei Landschaftsaufnahmen ist der Eindruck ein gedämpfter. Bei Offenblende geht das Schärfefeld bei meiner Kopie nicht bis zum Horizont – selbst wenn der Fokusring auf Anschlag steht. Durch Abblenden kann man das zwar kompensieren (da die Tiefe des Schärfefelds dadurch zunimmt).  Aber dann sind wir ja da wo wir mit lichtschwachen Kitzoom-Objektiven auch hinkommen…

Fazit:

So gern ich mich von neuem Equipment begeistern lasse – die Begeisterung kann hier nicht so recht aufkommen.

+ Das Objektiv ist für den Preis grundsätzlich sehr gut verarbeitet. Es besteht vollkommen aus Metall und es klappert und knarzt nichts.
+ Die Ringe (Fokus und Blende) laufen geschmeidig und sind gut gedämpft.
+ Es ist ein Vergnügen die Blende zu öffnen und zu schließen und den vielen Blendenlamellen bei ihrem Tanz zuzusehen.
+ Die Optik selbst macht einen gut gerechneten Eindruck – die Randunschärfen halten sich wie erwartet am kleinen Sensor in Grenzen, die Schärfe ist sehr gut, CAs habe ich keine feststellen können, der Kontrast ist okay solange man nicht gegen das Licht fotografiert (man kann die Lensflairs aber auch als Stilmittel nutzen).
– Das Objektiv ist nicht in der Lage bei Offenblende den Horizont scharf abzubilden – damit für Landschaft nur eingeschränkt zu gebrauchen.
– Das manuelle Fokussieren fällt aufgrund des kurzen Drehwegs des Rings gerade im Nahbereich etwas schwer – da ist man von alten manuellen Objektiven besseres gewohnt.
– Bei der sonst guten Verarbeitung fällt dich auf, dass die Gravuren auf den Ringen, oder viel mehr deren Positionen arg zu wünschen übrig lassen – weder die Blendenwerte noch die Entfernungen hauen so recht hin.