Zu analogen Zeiten gab es (zunächst) hauptsächlich Festbrennweiten-Objektive. Das 50mm/1,8 war damals ein Kit-Objektiv (das meist mit der Kamera im Set verkauft wurde), das 135mm wurde als Standard-Tele genutzt, während ein 35mm-Objektiv als Weitwinkel galt.
Mit diesem Dreier-Set (35-50-135) stand einem (fast) die ganze fotografische Welt offen (Vogelwilde Fotofreunde ließen sich dann vielleicht noch ein 200mm raus, Freunde des weiten Winkels konnten bis 20mm gehen). Aber Otto Normalverbraucher nutzte „35-50-135“.
Es begab sich, dass mein Vater von einer befreundeten Witwe die analoge Foto-Ausrüstung ihres Mannes geschenkt bekam. Da mein Dad allerdings die analoge Fotografie schon vor über 20 Jahren an den Nagel gehängt hat, und er weiß, dass ich sowohl analog fotografiere, als auch Altglas an meinen Digitalkameras adaptiere, fragte er mich, ob ich Interesse an der Ausrüstung hätte. Klar! Hatte ich!
Heiliger Bim-Bam! Das war eine wirklich vollständige Ausrüstung. Ich beziehe mich hier mal nur auf die Praktica/Zeiss-Ausrüstung:
Practica PLC2; Carl Zeiss Jena Flektogon 35mm/2,4; Carl Zeiss Jena Pancolar 50mm/1,8; Carl Zeiss Jena Sonnar 135mm/3,5; Kleines Balgengerät; Großes Balgengerät; Dia-Kopiervorsatz; Winkel-Sucher; Verschiedene Okkular-Vorsätze als Fokussierhilfe; Original-Bereitschafts-Tasche; Original-Carl-Zeiss-Jena Fototasche; Unzählige Farbfilter
An dieser Stelle möchte ich von meiner digitalen Erfahrung mit den drei Objektiven berichten – der Carl Zeiss Jena – Dreifaltigkeit:
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dieser Erfahrungsbericht sich auf die Verwendung einer Kamera mit Micro Four Thirds-Sensor bezieht. Dieses Sensorformat hat in Verbindung mit „Altglas“ den Vorteil, dass es die meist Abbildungs-schwächeren Randbereiche des Bildkreises einfach außen vor lässt. Es wird sozusagen der Sweet-Spot des alten Objektivs genutzt. Die hier geschilderten Erfahrungen und gezeigten Bilder können sich signifikant von denen an APS-C oder gar KB-Sensoren unterscheiden.
Flektogon 35mm/2,4
Dieses Objektiv ist scharf! An MFT scharf bis in die Ecken! Auch bei Offenblende! Das Bokeh ist für die kurze Brennweite und die verhältnismäßig kleine Offenblende angenehm cremig. Beim Bokeh hilft die kurze Naheinstellgrenze, die aus diesem 35mm fast schon ein Makro-Objektiv macht. Im Gegenlicht geht der Kontrast erwartungsgemäß in die Knie – für so richtig schön bunte Lensflares ist das Flektogon aber weitgehend unempfindlich – es zeigen sich allenfalls leichte Flecken wie beim Kornfeld-Bild oben. Das muss man aber schon bewusst provozieren.
Pancolar 50mm/1,8
Das Pancolar ist die Standardbrennweite in diesem Trio. Und es ist die lichtstärkste Optik. Auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild: Das Objektiv ist scharf bei Offenblende, die Naheinstellgrenze ist okay (nicht ganz so kurz wie beim 35er), das Bokeh angenehm.
Sonnar 135mm/3,5
Ja – sicher! Hier wird klar, dass diese alten Objektive nicht die Kontraststärksten sind. Aber mit einem kleinen Dreh am „Dunst entfernen“-Regler in Lightroom und davon ist nichts mehr zu sehen:
Fazit
Diese alten Gläser können was! Zumindest am „kleinen“ Digital-Sensor! Groß-Digital wird es bei mir in nächster Zeit nicht geben (auch wenn die 5D noch da ist) – aber ich werde den ein oder anderen Analog-Film mit diesen Objektiven belichten, dann werden wir ja sehen, wie es mit den Randschwächen bestellt ist.
Geht es um den Einsatz dieser Linsen an MFT und man kann sie günstig schießen, gibt es von mir eine volle Empfehlung! Die Herrschaften bei Carl Zeiss in Jena verstanden ihren Job!
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