Wir waren zwar schon in Kroatien in diesem Jahr (2010) – und doch gönnten wir uns den Luxus einer Woche Zypern. Lesen Sie jetzt was alles passierte und welche Eindrücke wir mit nach Hause nahmen (eine Galerie aller von mir zur Veröffentlichung ausgewählten Bilder gibts gaaanz unten):
Als wir am Flughafen ankamen, traf uns zunächst einmal der Schlag: Knapp 40Grad im Schatten bei etwa 90% Luftfeuchtigkeit – hui! Nach knapp 90 Min. Transfer kamen wir am Hotel an und bezogen unser Zimmer mit Meerblick. Das Hotel hatte eine wunderbare Terassen-Gartenanlage mit kleinem Pool und Poolbar. Am unteren Ende der Terrassen befand sich der Hotelstrand – zwar leider mit Kies, doch mit einer hübschen, kleinen Bucht in der wir gut schnorcheln und auf Luftmatratzen herumtreiben konnten.
So haben wir die ersten Tage lesend, liegend und lungernd verbracht. Ich vertrieb mir die Zeit zwischendurch mit Fotosafaris. Am Strand auf den Felsen und im Garten auf den Bäumen gab es Echsen – es schürt den Jagttrieb der uns Menschen als Raubtieren innewohnt, diese kleinen flinken Biester zu erwischen. Im Gegensatz zu Insekten reagieren Echsen nicht nur empfindlich auf Bewegungen, sondern auch auf Geräusche – dazu gehört auch der Spiegelschlag! Das macht aus der Echsenfotografie einen echten Thriller: Man möchte möglichst nah ran um das Format zu füllen – dabei pokert man allerdings mit der Fluchtdistanz. Irgendwann hat das Tier genug und ergreift die Flucht – man geht also mit jedem Zentimeter den man näher kommt das Risiko ein gar kein Foto von dem Tier machen zu können – drückt man aber zu früh ab, ist das vielleicht das einzige Bild – das hätte aber vielleicht besser sein können, wenn man noch näher rangekommen wäre… spannend!
Auf unseren abendlichen Touren zum „Supermarkt“ oder unserem Stamm-Pub „The Lost Border“ begenete uns all-abendlich ein älterer Mann, der Inseltouren Anbot. „Nur für die Deutsche – und mitte die Klimaanlage!“… Da steter Tropfen bekanntnlich den Stein höhlt und wir uns nach mehrere Tagen auf der Liege in der Sonne nach etwas Abenteuer sehnten, buchten wir am dritten Abend für den vierten Tag die Tour, die uns über die ganze (zypriotische) Insel ins Trodos-Gebirge und in die geteilte Hauptstadt Nikosia führen sollte.
Am nächsten Morgen wurden wir vor dem Hotel abgeholt – wir wollten direkt unseren Obulus entrichten – was der alte Mann jedoch ablehnte (Zu unserer Verwunderung). Wir bestiegen also zusammen mit einem älteren Ehepar aus Ostdeutschland, zwei Studenten aus Mannheim und einer 3-köpfigen, griechisch-stämmigen Familie in den kleine Bus. Etwa 30 km später, irgendwo in der Pampa hielt der Fahrer dann auf einmal an uns sagte „Jetzt Sie möchten bezahlen!“. Ich machte mich schon mal darauf gefasst nur in Unterwäsche bekleidet über die Insel zu Irren und die deutsche Botschaft zu suchen – erwartete jederzeit die Ankunft der Komplitzen des alten Mannes, die uns all unseres Hab und Guts entledigen sollten… Nachdem der alte Zypriot das Geld an sich gerissen hatte, verschwand er hinten am Bus und popelte beunruhigend lang herum (retrospektiv hat er wahrscheinlich die Kohle irgendwo versteckt, weil er damit rechnete von uns fiesen Nazi-Deutschen ausgeraubt zu werden). Die Spannung konnte in diesen Augenblicken direkt aus der Luft gegriffen werden – dann betrat der alte Mann wieder den Bus und die Fahrt ging weiter – Erleichterung allerseits…
Der Bus fuhr wieder auf eine Schnellstraße und rollte dahin – allerdings stellte sich allmählich heraus, dass der Bus „nur für die Deutsche“ eine Illusion bleiben sollte, da der Griechen-Papa nicht müde wurde unseren armen, alten Fahrer auf griechisch vollzuschwallen – dessen Mine verfinsterte sich zusehens. Auch mich nervte diese Geräuschkulisse almählich – diese Kulisse wurde allerdings von einem unbändigen Kreischen zerschnitten, das von einem ekeleregenden Gummigestank begleitet wurde. Der Bus rollte am linken Straßenrand auf der Standspur (Zypern war bis 1976 britisch besetzt – daher Linksverkehr) aus, der Fahrer öffnete im Fahrgastraum eine Luke im Boden und der Gestank verschlimmerte sich zusehens. Dem geneigten Ingenieur war recht schnell klar, dass sich da ein Riemen verabschiedet hat. Der Fahrer beschied uns, dass das alles kein Problem sei – wir würden kurz bei seinem Hausmechaniker vorbeischauen und dann sei alles wieder ok und es könne weitergehen. Während der Buss von der Schnellstraße rollte, durch kleine Kuhdörfer und über schmale Wege schaukelte wurde es allmählich immer wärmer und mir schmerzlich bewusst: Der Riemen hat wohl die Klimaanlage betrieben…
Nach 45 Min beim Hausmechaniker ist klar: Dieser Schaden ist heute nicht mehr zu beheben – bei 40°C… Der Fahrer stellt uns vor die Wahl: zurück zum Hotel und Geld zurück, oder ohne Klimatisierung weiterfahren. In weiser Vorraussicht hatte ich bereits in den vorrangegangenen 45 Min die Mannheimer und die Ostdeutschen davon überzeugt, dass dieses Klima ohne Klimatisierung dem Komfort ein jähes Ende bereiten würde. Nach den Erfahrungen der letzen 75 Minuten hatte ich ohnehin keine Lust mehr herauszufinden wie die nächsten 8 Stunden aussehen würden. Der Fall sah also ganz klar aus – bis der Grieche zu jammern anfing, dass morgen ja deren Heimflug anstünde und das dies nun ihre letzte Chance auf eine Inselrundfahrt sei. Frau Grieche meinte dann noch, dass es ja jetzt eh ins Gebirge ginge – und je höher man käme um so kühler würde es auch werden (Mein Einwurf, dass wir nicht in den Himalaya führen wurde einfach überhört). Was folgte war der Beweis dafür, dass Demokratie unter gleichgültigen Gemütern eine Verschwendung ist… „Naja…“, „Is mir Egal!“, „Von mir aus fahren wir weiter!“ Was will man da machen? Zu Fuss 40km zum Hotel zurück? Also sind wir weiter mitgefahren – und marinierten für die nächsten Stunden in unserem eigenen Saft.
Auf dem ersten Halt konnte ich es mir daher auch nicht verkneifen laut zu rufen: „Ohhh! Ich wünscht ich hätte meinen Pullover mitgenommen – es ist hier oben ja soooo ka-ka-kalt!“ Mein Sarkasmus tat der schönen Aussicht aber keinen Abbruch – alles in allem kann ich im nachhinein sagen, dass wir die Tour überlebt haben und eigentlich auch beide diesen Trip nicht mehr missen wollen (allerdings neigt man nachträglich ja im Allgemeinen eher zur Romantisierung)-geschwitzt haben wir trotzdem wie die Schweine. An dieser Stelle muss ich aber mal sagen, dass auch das Innere Zyperns seinen Charme hat – das Trodos-Gebirge ist auf seine Weise wunderschön – es gibt schöne Bergpässe, Täler, Gipfel…
Unser erster längerer Halt spielte sich in Lefkara ab – einer kleinen Bergstadt, die für ihre Silberschmiede berühmt ist. Enge Gassen, niedliche Klo-Häuschen, aufdringliche Schmuckhändler… man wird zunächst einmal in die Läden gelockt – und wenn man nichts kauft ist man tödlichst beleidigt! Aber ansonsten ein schuckeliges Städtchen. Wir haben uns also den Unmut zahlreicher Schmuckhändler aufgezogen und sind dann wieder in unseren Sauna-Bus gestiegen und weiter das Trodos-Gebirge „hinauf gebraust“. Zum Mittag ging es in ein kleines Restaurant (das vermutlich dem Schwager des Fahrers oder so gehören musste) in irgend einem Kaffdorf. Angeblich gäbe es da „die beste, original Essen von die zypriotische Küche“ oder so. Die Ossis bestellten alle Pizza – wir uns mit Halloumi (ein Käse für den Zypern berühmt ist) gefüllte Ravioli… die Ravioli kamen trocken – ohne Soße – und völlig verkocht auf den Tisch. nach 3 Bissen hatten wir beide genug. Der Koch rechtfertigte die schleimige Nudelkonsistenz damit, dass die Ravioli lange gekocht werden müssen, da sonst der Haloumi nicht durch sei. Wenn Halloumiravioli technisch nicht machbar sind, dann sollte man sie nicht anbieten – meine Meinung! Die ostdeutschen Mitreisenden fanden ihre Pizza übrigens „verry delicated!“ Dann ging die wilde Fahrt weiter – Trodos wohin man blickt. Der Blick aus dem Fenster schweift über die schöne Landschaft – man versucht nicht an Hitze, Schweiß oder einen nassen Hintern zu denken. Dann ändert sich auf einmal schlagartig die Stimmung der Umgebung – bald darauf folgt die Erklärung des Fahrers.
Im Trodos wurde von 1904-1988 munter Asbest abgebaut – Früher galt Asbest als Wunderwerkstoff, dass die kurzen Fasern jedoch in die Alveolen der Lunge gelangen und dort Krebs erregen können, war lange Zeit nicht klar. Die Landschaft hat sich bis heute von diesem Raubbau nicht ganz erholt, auch wenn die Regierung durch ein Renaturierungs-Programm versucht die Narben zu überschminken. Ebenfalls gruselig ist die verlassene Siedlung, in der zu den „goldenen“ Zeiten die Tagebau-Arbeiter und ihre Familien gewohnt haben – auch diese Hütten sind natürlich hochgradig Asbestverseucht.
On the Road again – nächster Halt Nikosia. Die Hauptstadt Zyperns ist die letzte geteilte Hauptstadt Europas. Seit die Türken 1974 den nördlichen Teil Zyperns besetzt haben, ist die Insel – und auch die Hauptstadt geteilt. So kommt es, dass man durch die Fussgängerzone läuft und auf einma stehen schwer bewaffnete Türken mit grimmiger Mine vor einem – wenn man die Kamera hebt, scheinen die Soldaten ihre Maschinenpistole ebenfalls zu heben… sehr bedrohliche Stimmung – also macht man lieber schnell wieder kehrt! Im Allgemeinen muss ich hier mal meine Entrüstung Kund tun: Wie kann es sein, dass ein Beitritt der Türkei zur EU überhaupt zur Diskussion steht, solange die „Türkische Republik Nordzypern“ von der Türkei aufrecht erhalten, doch weder von der EU noch sonst einem anderen Staat dieser Welt anerkannt wird?
Da die Republik Zypern seit 2004 zur europäischen Union gehört, sind seit dem auch UN-Truppen auf der Insel, die die entmilitarisierte Zone bewachen. In dieser Zone liegt auch auch Varosia (oder auch Varosha) – eine ehemalige Touristenhochburg der 60er und 70er, die seit der Besetzung durch die Türken zu einer Geisterstadt wurde. Ich hätte viel dafür gegeben mit der Kamera durch eine Stadt zu streifen, die seit über 30 Jahren sich selbst überlassen ist. Doch das ist leider nicht möglich, da militärisches Sperrgebiet.
Zurück nach Nikosia: Ein Geheimtip ist ein Kaufhaus mit einem Restaurant im 7.Stock. Von dort hat man einen schönen Blick über die Dächer der Hauptstadt. Man sieht die christliche Kirche auf der zypriotischen und die Moschee auf türkischer Seite. Und die pure Provokation: eine ins Bergmassiv geprägte türkische Flagge… was soll man dazu noch sagen? Völlig geschafft von der Hitze und den Eindrücken des Tages stiegen wir wieder in den Bus um beschallt vom unbändigen Gelaber des Griechen die 3 Stündige Rückfahrt hinter uns zu bringen. Wir sind also nicht ausgeraubt worden, nicht geschmolzen und haben eine Menge Eindrücke mit nach Hause nehmen können. Aber unser Bedarf an nicht von der Reiseleitung organisiserten Ausflügen ist bis heute gedeckt…
Am nächsten Tag sind wir dann ins nahe gelegene Protaras gelaufen – unser Hotel war ja etwas abseits (was sich nach Begutachtung des Strandes von Protaras als glückliche Fügung herausstellte – zwar Sandstrand, aber vom Sand nicht viel zu sehen, weil so viele Menschen drauf lagen). Ansonsten hat das Städtchen alles was man zum Urlaub machen braucht: Haufenweise Supermärkte und Souvenir-Shops, Bars, Diskos, Restaurants… und natürlich Hotels bis zum Abwinken. Am Strand ankerte auch eines der Ausflugsboote, die wir von unserem Hotel aus immer vorbeifahren sahen.
Unsere Abenteuerlust war geweckt, wir kauften zwei Tickets und wankten auf dem Ponton-Pier zum Boot. Die Fahrt ging zunächst Richtung Norden, bis die entmilitarisierte Zone uns zum Umkehren zwang. Von Hier aus konnte man ebenfalls einen Blick auf die Geisterstadt Varosia werfen. Nach der Wende sollte es nun zur „Blauen Lagune von Zypern“ gehen, wo man bei entsprechender Neigung auch gerne ein kurzes Bad nehmen könne. 20 Minuten später hatte ich zwar noch immer keine Badekleidung dabei, aber dafür meine Hemmungen und meine Kleidung abgelegt und mich in meinen Shorts vom Oberdeck gestürzt.
Der letzte Tag unseres Aufhaltes stand dann wieder ganz im Zeichen der Entspannung. Noch ein paar Fotos von der Hotelanlage, Koffer packen, Abflug. Auf dem Heimflug hab ich dann noch versucht die Türkei bei Nacht auf den Sensor zu bannen – was sich durch die Isolierverglasung, das Licht im Inneren der Flugkabine und die verschmierte Scheibe als Herausforderung entpuppte. Zusammenfassend kann man sagen, dass Zypern schon eine Reise wert ist. Es ist eine Insel mit einer bewegten Geschichte, schönen Kontrasten und Reizen – auch fernab der traumhaften Strände und Amüsiermeilen. Wenn ich heute nochmal mit meinen jetzigen Kenntnissen und meiner heutigen Ausrüstung hinfliegen würde, gäb es sicher einige Bilder mehr, in besserer Qualität – doch ich arbeite ja mein Archiv auch gerade deswegen auf um diese Fortschritte sichtbar zu machen.
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